□□□□□■ / Tattoo

(D )2015 gründete ich gemeinsam mit Christoph Srb einen offspace in der Seidlgasse 14, 1030 Wien.
Der Name des spaces □□□□□■ (auch LLLLLL geschrieben) entstand aus den Leuchtkästen welche an der Außenfassade angebracht sind.
Für die Teilnahme des Raumes an der Parallelvienna 2018 transferierte ich diese Leuchtkästen als zentrales Element einer Rauminstallation zur Messe.
Dort wurde folgendes Angebot unterbreitet: Jede KünstlerIn, jede KuratorIn welche sich das Symbol, den Namen des Spaces □□□□□ ■ tätowieren lässt erhält im Jahr 2019 eine Solo Ausstellung.
Insgesamt ließen sich 23 Menschen während den sechs Messentagen im das Zeichen tätowieren.
Die zweite Phase der Aktion, die Umsetzung der Ausstellungen startet im März 2019. Ankündigungen siehe www.LLLLLL.at

(E) In 2015, I founded an offspace together with a colleague in Seidlgasse 14, 1030 Vienna.
The name of the space □□□□□□ ■ (also written LLLLLL ) was created from the light boxes which are attached to the exterior facade.
For the participation of the room at the Parallelvienna 2018 I transferred these light boxes as a central element of a room installation to the fair.
The following offer was made there: Each artist, each curator, who has the symbol, the name of the space □□□□□□ ■ tattooed, will receive a solo exhibition in 2019.
Altogether, 23 people were tattooed during the six days of the fair.
The second phase of the action, the realization of the exhibitions, will start in March 2019. For announcements see www.LLLLLL.at

□□□□□■  Tattoo, Video Dokumentation

 

Abnahme des □□□□□■ Symbols (Videostil) 2018

Seit einigen Jahren schon thematisiere ich in meinen Arbeiten das Verhältnis
von KünstlerInnen und Institutionen.

Projekte wie die Notgalerie (www.notgalerie.at) oder auch das MUSOÄ
(www.musoae.gnx.at) sind in diesem Kontext von Beginn an als künstlerische
Praxis / Positionierung angelegt. Im Projekt Notgalerie ist es vor allem ein positiver
und konstruktiver Umgang mit diesem Thema. Positiv bedeutet in diesem
Fall, dass das Projekt nicht die Kritik an Missständen in den Mittelpunkt stellt,
sondern sich selbst als eine konkrete Alternative und Neupositionierung von
„Institution“ begreift.

Installationsansicht □□□□□■ / Tattoo, Parallelvienna 2018

Der Ausstellungsraum □□□□□■ ist in diesem Zusammenhang eine praktische Konsequenz dieser Auseinandersetzung und bewegt sich als artist run space in einem Milieu das sich seit zumindest zwei Jahrzehnten in Wien entwickelt hat. □□□□□■ und Notgalerie wurden fast zeitgleich gegründet wobei das □□□□□■ nicht als künstlerisches Projekt sondern als Werkzeug der künstlerischen Praxis konzipiert worden ist. Aus dieser gemeinsamen quasi parallelen Entwicklung der beiden Projekte und deren Bezügen, muss man die Aktion verstehen, die ich
nach Einladung durch die Parallel Vienna dort realisiert habe.

Tätowierung auf der Parallelvienna 2018

Ich montierte das dem Raum seinen Namen gebende Symbol der sechs Leuchtkästen – □□□□□■ von der Fassade ab und transferierte
es auf die Parallel Vienna. Dort bot ich den BesucherInnen (KünstlerInnen und KuratorInnen) an sich dieses Symbol von einer von mir
engagierten Tätowiererin tätowieren zu lassen. Als Gegenleistung für diese Einschreibung welche sie ihr Leben lang auf / in ihrem Körper tragen, biete ich eine Einzelausstellung im kommendne Jahr (2019) in meinem Ausstellungsraum an.

Während die Notgalerie Strategien der organisierten, zivilgesellschaftlichenkünstlerischen Praxis in einer Abgrenzung zu klassischen, staatlichen Institutionen forcierte, griff der Raum LLLLLL damit auf der Parallel Vienna (die sich mit dem Untertitel „Kunst und Kapital“ präsentierte) das Thema von Kunstinstitution / Markt / KünstlerInnen auf und machte die Abhängigkeiten und Abgründe sichtbar indem er sich selbst zentral als Kern dieses Vermarktungs- und Abhängigkeitszyklus inszenierte. Der propagandistisch formulierte Einzeiler: „KünstlerInnen müssen sich für eine Einzelausstellung tätowieren lassen“ klingt einfach, aber das soll er auch sein. Er impliziert eben die Formel „Gewinn durch Ausbeutung“. Das Ergebnis dieser Arbeitführte jedoch weit über dieses einfache Grundverhältnis hinaus.

Für die PartizipientInnen und RezipientInnen war schnell klar, dass die Arbeit weitaus komplexer ist. Dies schlug sich auch in den Diskussionen und Auseinandersetzungen während der Parallel Vienna nieder. In meiner Rolle als „Urheber“ dieser Aktion bin ich ja kein Händler von symbolischem Kapital sondern selbst Künstler. Darüber hinaus agiere ich nicht als „autonomer“ Künstler der sich bei der Parallel Vienna selbst zum Erscheinen bringt. Durch mein /unser künstlerisches Schaffen wird einerseits eine (zivil)gesellschaftliche Szene
kreiert und simultan die Kritik an Institution selbst betrieben. Die Differenzen und Dependenzen von staatlichen Institutionen und quasi institutionellen Initiativen werden in einem künstlerischen Prozess durchlaufen und nachgezeichnet. Zur Veranschaulichung dieses Prozesses fanden im LLLLLL und der Notgalerie allein im Jahr 2018 dreiundzwanzig Ausstellungen mit 64 beteiligten KünstlerInnen
statt. Bereits in den Jahren 2017 und 2016 fanden etwa gleichviele Aktivitäten statt.
Die Frage nach der Rolle der Verausgabung der eigenen Person und der Notwendigkeit sich in einen künstlerischen Kontext einschreiben zu müssen um als KünstlerIn sozial erscheinen zu können stand am Beginn der Tattoo Aktion während der Parallel Vienna. Aber schon zu Beginn zeigte sich dass für einen Teil der TeilnehmerInnen dies als künstlerische Solidaritätsbezeugung verstanden wurde und nicht als notwendiges Übel um zu einer Ausstellung zu kommen. Ein weiterer Teil der involvierten KünstlerInnen verstand das Tattoo als Zeichen der wechselseitigen Bezugsname, des sich gegenseitig Einschreibens. Quasi als Konkretisierung der Verschränkung von künstlerischer und kollektiver (institutioneller) Identität. Ein Aspekt, den ich erst nach der Aktion zu beobachten begann, war folgender : Von ein oder zwei KünstlerInnen glaube ich tatsächlich, dass sie sich nur für die Möglichkeit einer Ausstellung im LLLLLL tätowieren ließen (also in dem einfachen Sinn der als erster sichtbarer Punkt, als Zynismus, an dem Projekt lesbar ist). Nun konnte ich aber in den letzte Wochen beobachten,
wie diese KünstlerInnen übergangslos bei Ausstellungen und anderen sozialen Ereignissen, einen Diskurs über ihre Arbeiten, losgelöst von der Tattoo Aktion, in unserem Ausstellungs- / Vereinslokal in der Seidlgasse (LLLLLL) vorantrieben. Es ist für die in Wien aktive Szene tatsächlich
bereits natürlich, dass die Verausgabung der eigenen Person nötig ist um künstlerische Ideen und Vorstellungen zu realisieren. Der Schritt
der jeweiligen KünstlerIn sich tätowieren zu lassen, wird als Teil der notwendigen künstlerischen Praxis um etwas zu erlangen das man
will verstanden und steht dadurch in der Auseinandersetzung mit der jeweiligen KünstlerIn und Ihren Arbeiten nicht mehr im Vordergrund